Bei dem schönsten goldenen Frühherbstwetter ging es am letzten Sonnabend zu morgendlicher Stunde nach Cossebaude bei Dresden zur Weinlese. Es wurden viele Hände gebraucht, um die saftigen Trauben des Spätburgunders sowie des Weißburgunders zu ernten. Infolge des nassen Herbstwetters im September wurde nach Abstimmung mit dem Kellermeister vom Gut Proschwitz durch den Winzer der Lesetermin um eine Woche verschoben. Somit traten die Eutritzscher Mannen nur zu zweit, jedoch mit tatkräftiger Familienverstärkung an. Und was war das für ein nachhaltiges Erlebnis!!! Keiner hat’s bereut.

Sonnabend Punkt 9.00 ging es los. Wir reihten uns unter die ca. 40 arbeitswilligen ErntehelferInnen und nach kurzer fachkundiger Einweisung durch den Oberwinzer und Flüsterer vom Weinberg, Herrn Fehrmann lasen wir die ersten Trauben. Ausgerüstet mit Gummihandschuhen, Scheren und Plastikeimern standen wir im morgendlichen Oktobersommerlicht zwischen den Rebenreihen am Hang, gleich den Hanghühnern mit einem langen und dem bergseitigen kurzem Bein und schnitten die saftigen malerisch dunkelrotvioletten Trauben von den Reben. Uhri links der Reben ich rechts der Reben und ab ging’s bis zum Ende der Reihe. Dann die nächste Reihe usw. usf. Dabei waren von den Trauben alle schlechten und verschimmelten Beeren zu entfernen; bitte sorgfältig arbeiten, aus den Trauben soll Rotwein gekeltert werden!!…

Nach ca. 4 Stunden ununterbrochener Schnippelei an den Reben gab es ein opulentes Picknick auf einer schönen und sonnigen Terrasse inmitten des Weinbergs mit den herrlichsten Talblicken. Es war eine Stimmung wie inmitten der Weinberge von Chablis im Burgund bzw. ein Feeling wie an den toscanischen Weinhängen bei San Gimignano.

Nach der Siesta sollten die weißen Tauben gelesen werden, diesmal jedoch ohne große Sortiererei, d. h. alles egal ob faulig oder nicht, ab in den Eimer. Inzwischen hatte ich mich (der Schnippelei etwas über) als Träger angedient. Wobei letztlich mir nicht klar war, welcher der „Weinberg-Jobs“ höherwertig angesehen ist. Egal. Mit der ca. 4-5 Eimer fassenden Kiepe (Gewicht voll beladen etwa 50 kg – gefühlt das Doppelte…) wechselte ich stetig zwischen den eifrigen Lesern und der ca. 250 Stufen tiefer ab gestellten Sammelbox. Eben ein richtiges Treppentraining. Insgesamt habe ich so etwa 1000 Höhenmeter jeweils hoch/runter bewältigt. Kein Problem, der letzte „lange Lauf“ lag ja schon 2 Wochen zurück…

Nach 2 Stunden war der Hang abgeerntet und damit Feierabend… Da Uhri im Winzerauftrag die geernteten weißen Trauben zum Keltern nach Proschwitz (hinter Meißen) fahren musste, fuhren wir mit und nutzten wir die Gelegenheit einer fachkundigen Führung im Weinkeller Schloss Proschwitz. Inmitten der offiziellen und noblen Gesellschaft, geführt vom Prinzen von der Lippe (bzw. seinen Lakaien) mit Sekt und im Kerzenschein traten wir „Weinbauern“ rebsaft-bespritzt mit schwitzigen Berghang-T-Shirts auf und sorgten für entsprechendes Aufsehen …

Aber wir durften (geführt von unserem Winzer) auch dort hin, wo die feine Gesellschaft eher nicht hin gelassen wurde, in den Weinkeller. Edelstahlbehälter, penible Sauberkeit, weiter hinten dann die Weinfässer aus massiver Eiche (und dazwischen Frau „Öchsle“, das schnuckelige Labormädel, welches die Qualität (auch der von uns geernteten) Trauben testete. Welch göttliche Arbeitsstelle umgeben von blubbernden Gährröhrchen und dem unausweichlichen Duft der verschiedensten Weine, jederzeit kostbereit. Eben Bacchus Reich. Schon eine Nase voll davon, und man/frau ist angenehm „belebt“.

Doch bei aller Euphorie, uns erwischte der Alltag nach Verlassen des Weinkellers recht unsanft. Unserem Winzer wurden nach Beschau der geernteten Rotweintrauben vom Kellermeister diese als unbrauchbar abgewiesen; zu faul, nicht geeignet für die Rotwein- Maische. Für uns die Auslese, die Schnippelei von ca. 3 Stunden umsonst. Für unseren Winzer, dem Einzelkämpfer am Berg ein Verlust von ca. 2/3 des Ertrags dieser Flächen!! Keiner persönlichen Schuld bewusst (wer hat wohl nicht gewissenhaft gelesen??) aber trotzdem niedergeschlagen verließen wir das noble Schloss Proschwitz. Nunmehr in der Abenddämmerung wurden wir zurück beim Winzer königlich bewirtet. Neben einer anfangs fachkundigen später eher süffigen Wein“probe“ gab’s es ein leckeres Abendessen in einer urgemütlichen Winzerstube. Alles weitere ohne Kommentar…

Um 9.00 Uhr am Tage des Herrn (Sonntag) ging es unter dem Glockengeläut der nahen Gotteshäuser bei wiederum herrlichstem Herbst-Sonnenlicht los. Diesmal zuerst die weißen Trauben vom steilen Hang; etwas später dann auf Kommando des Chefwinzers wieder rote Trauben. Diesmal aber nach detaillierter Arbeitsanweisung wurde jede Traube ganz penibel bearbeitet bzw. gelesen. Hoffentlich wird es nunmehr ein guter roter Spätburgunder. Die Reblaus jedenfalls haben wir gehörig vertrieben und die Öchsle (Zuckergehalt der Trauben) haben wir durch sanftes, mitunter erotisch anmutendes Streicheln der Reben hoffentlich so richtig empor getrieben. Es wird bestimmt ein einmaliger Jahrgang. Nach 4 Stunden war zwar noch lange nicht das Ende des Weinbergs (Cossebauder Bauernberg) erreicht, aber der Chef (Winzer) rief zum Picknick = Feierabend.

Ein Wochenende in einer malerischen Landschaft zwischen den Reben und Rebläusen immer mit stetiger Rücksicht auf die Öchsle.. es war ein Erlebnis und ich kann nur Jedem empfehlen, diese biblische Arbeit am Weinberg mitzumachen. Der Cossebauder Weinberg ruft auch im Frühherbst 2011 wieder!!!!

Die Reblaus

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