Kai hat‘s verkackt,
war die einhellige Meinung der Kinder in Roitzschjora am 23.09.2017 nach meinem todesmutigen Sprung aus 4000m (-20°C) bei bestem Wetter aus einer mit 9 Springern völlig überlasteten Pilatus-Porter Einpropeller-Maschine. Es war eng wie unter der Dusche nach Spielen der Eutritzscher Oldies, Furzen beim Aufstieg war verboten, aber von Anfang an.
Meine ‚guten Eutritzscher Freunde‘ hatten mir anno 2014 zu meinem 40-sten einen ungewünschten Fallschirmsprung geschenkt. Ich hatte an dem Abend, entgegen meiner Gewohnheit, etwas Alkohol getrunken und versäumt, das Geschenk umgehend zurückzuweisen. Dann kamen familiär ein paar Schicksalsschläge dazwischen, so dass ich bis zwo 17 brauchte, um zu sagen: ‚Cool – ich mach es‘.
Die Windel, die man mir fürsorglicher Weise gleich mitgeschenkt hatte, war nicht mehr auffindbar, also fuhr ich unvorbereitet morgens 07.15 nach Roitzschjora, 09.00 sollte der Sprung beginnen und ich musste 45 Minuten eher da sein, für eine ausführliche Einweisung. Um 08.15 schlafen Fallschirmspringer scheinbar noch, da war total tote Hose. Irgendwann traf ich Putzi, so hatte sie sich vorgestellt, und bekam von ihr meinen Tandemmaster zugeteilt.
Aufgrund meines Normalgewichts von 95kg, musste ich laut Kleingedrucktem erstmal 30,-€ Übergepäck löhnen. Alles total sympathisch, scheinbar ohne Planung. Dann kam Kai, mit Kaffeebecher und Zigarette, so Typ Steve nach einem Festival. Ich hatte kurz vorher von ihm ein Gespräch belauscht: ‚Ich habe gehört deine Freundin ist tot?‘ ‚Ja, Basejump, fehlten 2m‘. Etwa so emotional wie bei uns: ‚Hat jemand ´ne Kiste mit‘. ‚Nö, heute nicht‘.
Kai gab mir eine coole Kurzeinweisung, für Start, Absprung, Freifall, Schirm und Landung und dann sollte es losgehen. Inzwischen waren Micha und Olaf eingetroffen, um Kai zu informieren, dass ich gelegentlich bei Eutritzsch noch im Zuspiel gebraucht werde und eine Wasserlandung für Fotos geil wäre. Mit Eutritzscher Unterstützung schoben wir (ohne Kai) die Pilatus-Porter aus dem Hangar und ich wickelte mich mit 8 weiteren Springern in eine Kabine, so groß wie unser Spind.
Wir stiegen auf 1500m, als der General und ein weiterer Springer aus Kostengründen die Maschine verließen, nicht ohne vorher mit Blick auf die 2 Tandemspringer ein paar Klassiker des Fliegerlateins zu erzählen. Unser Aufstieg auf 4000m ging dann ruckzuck, ich bekam nochmal detailliert alles erklärt und wurde von Kai festgezurrt. Vor uns sprang ein Schüler mit 2 Begleitspringern, ziemlich spannend, und dann rutschte ich als Letzter zur Tür. Kai, übrigens der beste Tandemmaster laut Eigenwerbung, sagte mir: ‚Augen auf, ich mache immer eine Rückwärtsrolle, damit man den Flieger nochmal sieht‘. Und draußen war ich, ging alles so schnell, keine Zeit für Panik.
Freier Fall, Blick über die Seenlandschaft, kein Zeitgefühl –ca. 45…50 Sekunden, ich hab´s genossen, nichts von der Kälte gespürt und dann kam das Zeichen zum Öffnen des Schirms. Kurzer Ruck und ich hing sicher am Schirm. Kai zeigte mir die Landschaft und übergab mir die Zügel für zwei Drehungen als ‚Pilot‘. Sichere Landung, nicht ohne vorher Micha und Olaf nochmal den Mittelfinger gezeigt zu haben, war `ne geile Erfahrung, hat Spaß gemacht.
Und warum hat Kai es verkackt? Er hatte zum Glück nur seine Handycam und nicht den Schirm falsch programmiert, besser kein Video und gut gelandet als umgekehrt. Übrigens, Kai ist Vollprofi und hat mich perfekt begleitet und nach unten gebracht, auf eine coole lockere Art und Weise.
Danke Eutritzscher, von allein hätte ich dieses Erlebnis wohl nicht gemacht, war geil.